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50 Jahre Reserve-Holthausen

 

Liebe Schützenkameraden. das Jahr 1999, das letzte Jahr dieses Jahrhunderts und dieses Jahrtausends, hat es in sich, was die vielen wichtigen Jubiläen angeht, die in diesem Jahre gefeiert wurden oder noch zu feiern sind. Vor 50 Jahren ging die Blockade Berlins zu Ende, vor 50 Jahren wurde das Grundgesetz verabschiedet und auch die Bundesrepublik Deutschland kann auf ein halbes Jahrhundert zurückblicken. Da kann auch die Reserve Düsseldorf-Holthausen nicht zurückstehen und darf sich einreihen, in diese Folge bedeutender Ereignisse. Denn ebenfalls im Jahre 1949 war es, wo im Haus Niederheid sich eine Reihe von Männern zusammenfanden, um eine neue Schützenkompanie im Schützenverein Düsseldorf-Holthausen zu gründen. Dort pflegten nämlich in jenen Tagen einige Männer sich regelmäßig zum Dämmerschoppen zusammenzufinden. Zu Ihnen gehörten Willy Held, Henny Rüther, Kasper Schotten, Robert Voss, August Kohl und Josef Lommen, die in dem Lokal von Theo Meisen verkehrten. Es war wohl der unvergessene Peter Burgchartz, unser Ehrenmitglied, der lange Jahre als Mitglied des Hauptvorstandes unsere Jahreshauptversammlungen der Reserve geleitet hatte, der von Jugend auf mit dem Schützenwesen verbunden war und der wohl die Anregung gab, diese neue Schützenkompanie zu gründen. Wann genau, an welchem Tag und in welchem Monat dies geschah, ist nicht überliefert, aber auch nicht so wichtig. Wichtiger ist vielleicht der Geist jener Zeit, kurz nach dem Krieger; wo diese Gründung sich vollzog. Noch lagen damals große Teile Düsseldorfs in Trümmern, aber bereits seit einem Jahr gab es bereits die D-Mark, ein erster wirtschaftlicher Aufschwung war spürbar, die Menschen faßten mut, Lebensfreude kehrte zurück und gerade dafür gab es einen großen Nachholbedarf Und so war es sicherlich, kein Zufall, dass sich dort Männer zusammenfanden, die sich gut verstanden, und beschlossen, ein bisschen Spaß an der Freud' zu haben, und da auch mit den anderen Kompanien im St. Sebastianus Schützenverein.

Um es vorweg zu nehmen: dieses Streben nach Freude und Geselligkeit in froher Runde Gleichgesinnter, stand und steht bis zum heutigen Tage im Vordergrund des Kompanielebens, und ich denke, dass alle Kameraden der Reserve Grund haben, voller Dankbarkeit an die vielen unvergesslichen Stunden zurückzudenken die wir über alle Jahre hinweg miteinander verbringen konnten

Ich selbst darf mich in diesen Dank ausdrücklich einschließen. Ich kam im Jahre 1962 zur Reserve, damals war ich der Jüngste im Kreise und dass ich heute zu Ihnen sprechen darf, verdanke ich dem Umstand, dass ich inzwischen der Dienst- und Gesichtsälteste der Reserve geworden bin.

Damals hatte ich als frischgewählter, junger Ratsherr im Wahlkreis Holthausen, Itter und Himmelgeist bei meinen Antrittsbesuchen auch mit dem damaligen Schützenchef Hans Franke und seinem schon vorgesehenen Nachfolger Werner Jeuck Kontakt aufgenommen und von beiden zur Pflege eines dauerhaften Kontaktes die Empfehlung erhalten, dem Schützenverein doch gleich beizutreten, und zwar am besten der Reserve. Das sei eine Kompanie mit lauter netten Leuten, die mir wohl liegen könnten. Allerdings - so wurde mir hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt - trage die Reserve wohl nicht zu Unrecht die Bezeichnung "Steinhäger-Kompanie"!

Letzteres erwies sich aber schon bei meiner ersten Versammlung, zu der ich eingeladen wurde, als irreführend und üble Nachrede. Steinhager war wohl längst out, angesagt war "Bommi" mit Pflaume oder Wodka mit Kirsche, regelmäßig unterbrochen von Stiefeln mit schäumendem Gerstensaft oder auch bei feierlichen Anlässen auch mal ein Stiefelchen mit prickelndem Fürst Metternich.

Richtig war allerdings, was man mir über die netten Leute angekündigt hatte. Da war der Hauptmann Henny Rüther, der dem Gründungshauptmann Willy Held nachgefolgt war. Er hatte mich feierlich begrüßt und eingeführt, mit eben solcher Feierlichkeit waltete er seines Amtes und führte die Kompanie mit gezücktem Degen bei der Parade an. Er sprach oft und gern von der "verschworenen Gemeinschaft“ welche die Reserve darstelle. Aber oft klang diese Vokabel, wie eine Beschwörung, nämlich dann, wenn es mal drunter und drüber ging bei der Reserve, die Meinungen aufeinander prallten und es turbulent wurde. Und das geschah häufig genug, wenn die Stiefel nur lange genug gekreist hatten, denn die netten Leute waren trotz der gleichen Uniform allesamt höchst unterschiedliche Charaktere, mit unterschiedlichen Köpfen, Temperamenten und Biographien, die das offene Wort nicht scheuten. Kurz um, es waren laute Persönlichkeiten, lauter "Individualisten", wie sie Jupp Michalski, der spätere Hauptmann, in einer Mischung von Anerkennung und Abscheu später oft titulierte, aber genau dies war es auch, was die Versammlungen der Reserve reizvoll, nie war es langweilig machte. Und ich weiß, dass sich dieses bis heute nicht geändert hat.

Von den Gründungsvätern lernte ich damals neben Henny Rüther noch kennen und schätzen den unvergesslichen Schriftführer Kaspar Schotten, Hafeninspektor seines Zeichens= und Kenner unzähliger Anekdoten und Moritaten, von denen er regelmäßig Kostproben gab und von denen auch heute noch gelegentlich in den Versammlungen der Reserve gesagt und gesungen wird. Da waren ferner die eher stillen Herren Robert Voss und Hugo Schmidt und der alles andere als stille Jupp Lommen. Dieser ist heute der letzte Überlebende der Gründungsväter und der Reserve immer noch verbunden, obwohl er seit langer Zeit im Oberbergischen lebt und krankheitshalber zu seinem und unserem Bedauern heute nicht unter uns sein kann, denn er war einer von denen, deren Kampfgeist die Versammlungen nachhaltig belebte und der keinem Streit aus dem Wege ging. Er ist Inhaber eines einmaligen Rekords. Er ist derjenige, der insgesamt, dreimal aus der Reserve ausgetreten ist und ihr auch dreimal wieder beigetreten ist. Die letzte Beitrittserklärung, geschrieben auf einer bierdurchtränkten Papiertischserviette eines Klompenballes, befindet sich heute noch in den Akten.

Von ihm ist folgende Begebenheit überliefert:

Nach einer Reserveversammlung waren er und einige andere Kameraden zwecks Steigerung des Frohsinns in die Altstadt gefahren und in eine damals recht beliebte Nachtbar eingekehrt. Als diese ihre Pforten schloss, stand er mutterseelenallein - die anderen Kameraden hatten längst das Weite gesucht - und ohne einen Pfennig Geld in der Tasche auf der nächtlichen Gasse. Deshalb sah er sich gezwungen, den langen und beschwerlichen Heimweg nach Holthausen zu Fuß anzutreten und erst als er ermattet, aber offensichtlich auch ernüchtert, vor der Haustür stand, kam ihm - leider jetzt zu spät - der erlösende Gedanke, wie er trotz seiner aktuellen Liquiditätsschwierigkeiten den Fußmarsch hätte vermeiden können, in dem er sich nämlich ein Taxi genommen und das dafür erforderliche Fahrgeld in Holthausen aus der Wohnung geholt hätte.

Unter den netten Leuten der Reserve war auch Karl Weisse, der zwar nicht Mitglied der Reserve war, es aber nach dem Wunsche der Übrigen hätte werden sollen, dieses aber nicht wollte, weil er den ersten Grenadieren schon angehörte und diesen auch treu bleiben wollte, und der deshalb zum Protektor der Reserve erwählt wurde. In dieser Eigenschaft hat Karl Weisse vieles zur Freude und Geselligkeit in der Reserve beigetragen. Auch über ihn gäbe es manches Anekdötchen zu berichten, aber das soll er lieber selber tun, denn er ist ja heute abend mit seiner Frau Bina unter uns.

Und es ist auch zu nennen Josef Behler, auch er seit vielen Jahren im Oberbergischen lebend, aber mit uns immer noch eng verbunden und auch er seiner Krankheit wegen heute verhindert. Ihn hatte man unter der Vorspielung der falschen Tatsache, dass der Vereinswirt im Hotel Schuman wegen einer plötzlichen Gesellschaft sofort 4 Sack Kartoffeln benötige, aus seinem Einzelhandelsgeschäft an der Bahlenstraße in dieses zweite Vereinslokal gelockt, ihn nach Hereinschleppen der Kartoffeln sofort in den dort tagenden Frühschoppenkreis der Reserve einbezogen und zum Mitglied gemacht. Er bereicherte die Reserve nach Schluss der Versammlungen durch das Absingen von zumeist traurigen und getragenen Soldatenliedern. Manchmal allerdings, wenn er mit seiner eigentlich lieben Frau Joan, die er aus seiner Kriegsgefangenschaft in England mitgebracht hatte, über Kreuz war, sang er auch schon mal kämpferische Weisen, etwa das Stukalied, mit dem Refrain "Bomben, Bomben, Bomben auf Engelland". Nichts desto weniger hat ihn der Tod seiner Joan vor einigen Jahren tief getroffen.

Der Tod hat auch in den vielen Jahren, die ich übersehen kann, in der Reserve reiche Ernte gehalten und ich meine, dass es angebracht ist, hier und heute all diesen Kameraden ein kurzes Wort des Gedenkens zu widmen.

Da ist von den frühen Mitgliedern der Reserve zunächst Hans Meier zu nennen, unser langjähriger Kassierer, der aus Niederbayern stammend und auch dort hin in den Ruhestand wieder zurückgekehrt, ein Kriegskamerad Karl Weisses und als später schwer verwundeter Berufssoldat sogar dessen Ausbilder war. Er war es, der immer dann, wenn wir ihn mit List und Tücke einen leeren Stiefel zum Nachfüllen auf den Deckel gestellt hatten, zu rufen pflegte: "Den nehm I net ahn."

Da ist weiter Willy Hecht zu nennen, den Vater unseres jetzigen Hauptmannes Karl-Heinz, der immer mit der Ruhe und einer guten Zigarre, es mit den Bekleidungsvorschriften nicht so genau nahm und sich deshalb einmal einem fürchterlichen Anraunzer des Herrn Hauptmanns Michalskis einhandelte, als er zur Parade und zur blaugrauen Uniform gelbe Socken und hellbraune Schuhe trug.

Da war auch Edmund Küller, Bäcker - und Konditormeister seines Zeichens, der im Kriege auf Kreta war und uns bevor die ersten Griechen hier ihre Lokale eröffneten, Schönes und Gutes über Retzina und Ouzo zu berichten wusste.

Da war auch Peter Wiese, der ein Tabakgeschäft führte und dem ebenfalls die Zigarre nicht ausging. Die sprühenden Funken dieser Zigarre in tiefer Dunkelheit waren es denn auch, die uns alle nach Verlassen des Vereinslokals anzeigten, dass Peter Wiese und Jupp Behler, die sich während der gesamten Versammlung aneinander gerieben hatten, sich nunmehr im Nahkampf befanden.

Ja, es ging manchmal recht munter zu in der Reserve, aber solche Exzesse waren die absolute Ausnahme, weshalb man sich auch an sie erinnert.

Häufiger jedoch kam es vor, dass man nach Schluss der Versammlung, am Tresen stehend ein Bierchen, das man wirklich nicht mehr herunter bekam, dem Nachbar liebevoll in den Nacken leerte. Dies veranlasste unseren Protektor Karl Weisse, uns mit Schutzkleidung auszustatten, die eine abrupte Abkühlung verhinderte.

Erinnern müssen wir uns auch an einige Kameraden, die viel zu früh und unvermutet von uns gingen. An Rainer Vollmacher, den eine Embolie nach einer Operation von uns nahm, oder auch Hajo Kailuweit, der das Opfer eines tragischen Verkehrsunfalls wurde.

Auch Hennes Poschel und Klaus Schäfer starben plötzlich im besten Mannesalter,

Unvergessen bleibt uns auch Ludolf Albers. Er war einige Jahre unser Hauptmann und länger noch unser stellvertretender Hauptmann, ein Mann mit vielfältigen musischen Begabungen, der viele unserer Feste mit selbstgedichteten Balladen aus dem Vereinsleben zur Gitarre bereicherte. Viele schöne Stunden haben wir mit ihm und Ka4a in seinem geliebten Garten verbracht.

Ein Name ist bisher nur am Rande erwähnt worden, der wie kein anderer für das steht, was die Reserve über Jahrzehnte geprägt hat. Dieser Name lautet Michalski und umfasst eine ganze Dynastie, bestehend aus Vater Josef und seinen Söhnen Günther und Rolf auch heute noch vergeht kaum eine Versammlung, in der ihr Name nicht fällt. Denn Vater Josef Michalski zumal war 15 Jahre - mit einer kurzen Unterbrechung - unser Hauptmann. Seine kernige Natur, seine Sprüche, seine Persönlichkeit haben unvergängliche Spuren hinterlassen. Deshalb sei auch er etwas ausführlicher gewürdigt.

Er stammte aus Liblar bei Köln, beherrschte die Kölsche Mundart so perfekt wie das Hochdeutsche, unerschöpflich aber war sein Vorrat an Kraftausdrücken aller Art. Manche dieser Vokabeln, waren für uns, die wir nördlich der Benrather Sprachlinie aufgewachsen sind, erklärungsbedürftig. Eine Reihe dieser Begriffe wurden einmal im Rahmen eines Schützenfest-Programmes der Reserve gedruckt und erläutert, und sollen, als sie in falsche Hände gerieten, erhebliches Schütteln des Kopfes verursacht haben.

Von Beruf war Josef ein sehr gefragter Schweißingenieur, aber im Herzen war und blieb er Musiker. In seiner Jugend hatte er eine Kapelle geleitet, die in allen Dörfern des Vorgebirges zum Tanz aufzuspielen pflegte und noch im hohen Alter ließ er es sich nicht nehmen, im Schützenzelt nach dem Hochamt beim Frühschoppen die Kapelle Bendels zu dirigieren, vorzugsweise mit dem amerikanischen Marsch "Unter dem Sternenbanner", weshalb er auch zärtlich der "Sternbanners Jupp" genannt, wurde.

Als ich ihn kennen lernte, hatte er die Gepflogenheit, sich nach Schluss der Reserveversammlungen mit seinen Söhnen zum Skatspielen zusammen zu setzten, das zunächst ruhig und sachlich begann. Aber man konnte die Uhr danach stellen, spätestens nach 20 Minuten flogen die Fetzen nach dem Motto "Du Schnarchsack, warum häs' du denn die blanke 10 aufjespielt!" wodurch zumeist ein dramatisches Ende des Skatspiels eingeleitet wurde.

Einmal, an einem nasskalten Versammlungsabend im Herbst, fühlte Josef eine Grippe in sich aufkeimen und beschloss diese im Ansatz niederzukämpfen. Er bestellte sich einen Grog mit einem doppelten Weinbrand. Nach Genuss desselben waren die Symptome noch nicht verschwunden, er bestellte sich einen Grog mit einem dreifachen Weinbrand. Was nun folgte,hat der Chronist, der neben Herrn Hauptmann saß, genau registriert und festgehalten und kann deshalb jederzeit beeiden, dass es am Ende zwölf dreifache und ein doppelter Weinbrand waren, also insgesamt 38 Weinbrände, die Vater Josef verdünnt mit etwas warmen Zuckerwasser in sich aufgenommen hatte.

Und dann kam es daheim zu einer Verkettung unglückseliger Umstände, bei denen seine liebe Frau Josie, unsere Mutter der Kompanie, eine entscheidende Rolle spielte. Selbige hatte nämlich die Angewohnheit, bei der Pflege des Heimes auch den Kronleuchter im Wohnzimmer, der nicht allzu hoch von der Decke hing, in ihre regelmäßigen Reinigungsaktionen einzubeziehen. Zu diesem Zwecke - so ergaben die späteren Ermittlungen - pflegte sie sich auf ein Leiterchen zu stellen und drehte dort den Kronleuchter der Einfachheit halber an sich vorbei, um alle Kerzen und Kerzenhalter vom Staube zu befreien. Hierbei muss dann kurz vor dem nachfolgenden Ereignis der Zustand eingetreten sein, dass durch das ständige Drehen des Kronleuchters dieser nur noch in der letzten Windung des Gewindes gehalten wurde, das ihn mit der Decke verband. Und so nahm das Unheil seinen Lauf. Als nämlich Vater Josef an besagtem Abend mit schwerem Tritt das Wohnzimmer betrat, muss ihn wohl eine leichte Gleichgewichtsstörung befallen haben, jedenfalls suchte er wohl Halt nach allen Richtungen, leider auch nach oben, wobei er den Kronleuchter zu fassen bekam, der aber nicht halten konnte, was er versprach und mit Josef krachend niederkam. Die nachfolgenden Ereignisse sind weitgehend im Dunkeln geblieben, angeblich sollen aber auch weitere Teile der Wohnungsausstattung, darunter ein Toilettentopf, erheblich zu Schaden gekommen sein. Wie auch immer, jedenfalls zeigt die Begebenheit, was alles passieren kann, wenn der verständliche Wunsch eines Mannes, etwas für seine Gesundheit zu tun, mit dem Reinlichkeitsbedürfiüss seiner Gattin kollidiert.

Verehrte Festversammlung, diese war nur eine unzähligen Anekdoten, die Über Vater Josef Michalski berichtet werden könnten und die allesamt wert wären, der Nachwelt erhalten zu bleiben. Dies würde aber den Rahmen dieses Festabends bei weitem sprengen. Deshalb nur noch eine, die letzte Geschichte so zu sagen.

Bevor Josef Michalski Kapellmeister wurde, war er Filmmusiker. Hierbei hatte er in den 20er Jahren die Aufgabe, die Stummfilme jener Zeit musikalisch mit seiner Geige zu untermalen. Die Kunst bestand darin, für jede Szene die passende Melodie zu finden und sie dadurch auch hörbar zu steigern. Aber einmal begab es sich - oder war es ein Kollege? - das er das Geschehen auf der Leinwand nicht so aufmerksam verfolgt hatte wie er sollte, und als dort droben der Filmbösewicht gerade der Filmdiva den Dolch in die zarte Brust stieß, spielte Josef Michalski - oder war es doch der Kollege? - unten die beliebte Willy Ostermann Melodie „Schrumps, als wieder 'en Fliech kapott“. Hierdurch verlor der Betreffende zwar seinen Job, jedenfalls an diesem Theater. Aber Josef hat die Geschichte oft erzählt, mit dem Wunsch, man möge ihm die gleiche Melodie auch dann spielen, wenn man ihn einmal ins Grab senke. Niemand weiß so genau, ob der Wunsch ernst oder nicht so ernst gemeint war, Tatsache ist jedenfalls, dass andere Weisen gespielt wurden, als man ihn mit 88 Jahren, nach langen Jahren auf dem Krankenlager, nach seiner Frau Josie und seinem Sohn Günther und km vor seinem Sohn Rolf zu Grabe trug.

Aber inzwischen ist auch das schon einige Jahre her, ist die Zeit weitergegangen, sind neue Kameraden zur Reserve gestoßen. Und inzwischen wurde auch Josef Michalski, der wie gesagt 15 Jahre lang die Reserve geleitet hatte, überrundet, und zwar von unsrem Karl-Heinz Hecht. Dieser hatte nämlich im Februar 1979 die Stafette des Hauptmanns von Josef Michalski übernommen und kann gleichzeitig mit dem 50-jährigen Jubiläum der Reserve auf 20 Jahre als Hauptmann zurückblicken. Karl-Heinz Hecht hat es meisterlich verstanden, diesen Haufen von Individualisten bei der Fahne zu halten, wozu vor allem jene Fähigkeiten gehören, die einen guten Dompteur auszeichnen. Sicherlich muss er gelegentlich auch mal mit dem Hammer dirigieren, aber auch unter ihm wurden Freundschaft und Kameradschaft gepflegt, wurden und werden schöne Feste gefeiert, wurden und werden erlebnisreiche Reisen zu Lande, zu Wasser und demnächst auch in der Luft durchgeführt.